Bühlertäler Musikanten präsentieren ein ergreifendes musikalisches Programm, durchsetzt mit Schweigen
Bühlertal (kkö).
Was erwarten die Menschen von Weihnachten? Erhabenheit und Größe, einen festlichen Charakter. Aber auch: Geborgenheit, Stille, Introspektion. Es war schon außergewöhnlich, wie es den Bühlertäler Musikanten in ihrem Kirchenkonzert am Sonntag gelang, beide Ebenen zu verschmelzen: Wenngleich den mitreißenden „Pauken und Trompeten“, die die ganze Basilika St. Michael akustisch in weihnachtlichem Glanz aufleuchten ließen, viel Raum gegeben wurde, so schuf Dirigentin Katherine Flynn-Hartmann doch auch den Gegenpol - nicht nur über leise, romantische Passagen in den Werken selbst, sondern vor allem dank des minutenlangen Schweigens, das die Moderation ersetzte. Der Effekt war ebenso überraschend wie wohltuend: Im Laufe des Konzerts ergriff die Freude über das bevorstehende Fest in ungewohnter Intensität. Ein wenig vor der Zeit „ward Weihnachten“ - zwischen jubelnden Engelschören und der Stille des Feldes beim behüteten Christuskind.
Eingangs hatte der Vorsitzende des Musikvereins Bühlertal, Uwe Bäuerle, ein „Best-of-Kirchenkonzert“ mit den beliebtesten Stücken der vergangenen Jahre angekündigt. Der Bogen reiche von klassischer Literatur, etwa Wagners „Tannhäuser“, bis zu modernen Kompositionen wie Kees Vlaks „Winterland Overtüre“. Er erklärte den Verzicht auf Moderation: „Wir möchten Zeit zum Nachdenken geben.“ Was folgte, wurde bereits angedeutet: Ein Fest der Klänge, dessen Schönheit nicht nur über den beleuchteten Tannenbaum optisch untermalt wurde - das gigantische Orchester um den Altar versammelt, das mochte man auch als symbolische Aussage verstehen. Gespielt wurde neben bereits erwähnten Werken unter anderem Fritz Neuböcks „Bells and Pipes of Freedom“ - der Titel spricht für sich -, oder auch ein Arrangement von „Because it’s christmas“ mit Georg Blum als exzellentem Solisten an der Trompete. Das stimmungsvolle Finale schließlich, mit dem die Beschaulichkeit definitiv ins Zentrum rückte, bildete die Fantasie „Weihnachten in den Bergen“ von Alfred Bösendörfer: In alpenländische Klänge mischen sich die Melodien berühmter Weihnachtslieder wie „Es wird scho glei dumpa“ oder „Leise rieselt der Schnee“. Das Werk entfaltet einen ganz eigenen Zauber, eng verknüpft mit Bildern einer idyllischen Bergwelt: Weihnachten als Sehnsuchtsort.
Der Formation lässt sich ein hohes Maß an Musikalität attestieren; scheinbar mühelos wechselte sie von heiterer Leichtigkeit zu expressiver Gravität, von virtuosen Läufen zu mächtigem Pathos. Dieses schon semi-professionelle Niveau fällt freilich auch oder vor allem auf die Dirigentin zurück: Chapeau. Insgesamt war der Abend geprägt von tiefer Religiosität, weshalb sich auch die Ansprache von Pfarrer Sebastian Marcolini gut in den konzertanten Rahmen fügte. Er thematisierte das Weihnachtslied „Stille Nacht“, das erstmals vor 200 Jahren in einer Kirche bei Salzburg in der Heiligen Nacht gesungen wurde. Es ergreife mit zarter Melodie und sei schon als „Nahaufnahme“ bezeichnet worden: „Es zoomt uns in die Intimität der Heiligen Familie.“ Das bedeute: „Gott lässt uns ganz nah an sich herankommen.“ Er rief dazu auf, umgekehrt Gott in unsere Leben „hereinzulassen“. Mit Blick auch auf all jene, die von Krieg und Armut betroffen seien, wünschte er „uns allen, das Lied in Frieden zu singen“. Das mag in der Heiligen Nacht geschehen: Die - gefeierten - Musikanten entließen die Besucher zwar mit einem Weihnachtslied, wählten aber „O du fröhliche“, bevor der Abend bei Glühwein an den Pforten des Gotteshauses ausklang.
BU: Die Bühlertäler Musikanten bei ihrem diesjährigen Kirchenkonzert in der Pfarrkirche St. Michael am Sonntag.